Das Layla-Verbot, oder: Wie Sexismus verwässert wird

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In Deutschland entbrannte vor einigen Monaten eine hitzige Debatte um das Layla-Verbot, in die sich sogar der Bundesjustizminister eingemischt hat.

Doch alles der Reihe nach. Die Stadt Würzburg stufte den Schlager-Song „Layla” als sexistisch ein, insbesondere den Text „Ich hab‘ ’nen Puff und meine Puffmama heißt Layla. Sie ist schöner, jünger, geiler” und verbot ihn daher auf den Volksfesten der Stadt. Kurios: Wenige Tage vor dem Verbot feierte der Bürgermeister der Stadt im Bierzelt zu „Layla”.

Die privaten Videoaufnahmen, die dem Bayerischen Rundfunk vorlagen, verbreiteten sich im Netz. Christian Schuchardt verteidigte sich damit, dass er den Text in der Festzeltatmosphäre nicht bewusst wahrgenommen habe, ihm aber der Rhythmus des Liedes gefiel. Nach dem Verbot in Würzburg zog auch Düsseldorf nach und verbot das Lied auf der „Größten Kirmes am Rhein“.

Layla-Verbot: Ein klassischer Fall von Cancel Culture?

Seitdem wird auf Twitter lang und breit darüber diskutiert – ein Meinungsbild unserer Mitbürger lässt sich daraus natürlich nicht ableiten. Eine Tendenz zeigt aber eine aktuelle Umfrage des Schleswig-Holsteinischen-Zeitungsverlags (SHZ): Von 872 Befragten sprachen sich nur sieben Prozent für ein Verbot des Liedes aus, während die Mehrheit die Diskussion und das Verbot für übertrieben hält. Ist der große Rest der Bevölkerung zu Sexisten und Sexistinnen mutiert? Ich befürchte eher, dass es sich beim Layla-Verbot um einen klassischen Fall von Cancel Culture handelt.

Der Trend der Cancel Culture ist bereits vor einigen Jahren aus den USA nach Deutschland geschwappt. Seitdem haben Veranstalter Auftritte der Kabarettistin Lisa Eckhart abgesagt, eine Biologin konnte ihren Vortrag über den Unterschied zwischen Sex und Gender nicht halten und hedonistische Songs wie „Layla” werden auf Volksfesten verboten.

Ist es noch demokratisch, wenn Minderheiten bestimmen, was gesagt oder gespielt werden darf? Warum lassen wir das zu? Sieht so ethisch-moralischer Fortschritt aus? Die Gesellschaft wird kaum weltoffener, wenn wir bestimmte Meinungen, Ansichten und Subkulturen verbieten.

Naja, hauptsache wir schwenken die Regenbogenfahne und predigen Vielfalt und Pluralismus. Aber sobald jemand anders denkt als ich oder ich den Humor nicht verstehe, soll es schnellstmöglich Verbote geben?

Warum wird das Layla-Verbot überhaupt gefordert?

Warum aber fühlen sich manche Menschen von einem vergleichsweise harmlosen Liedtext angegriffen? Schon Sigmund Freud wusste: Emotionale Überreaktionen kommen nicht von ungefähr und sollten psychologisch analysiert werden. Wir sollten unsere Trigger umarmen und sie auf keinen Fall ignorieren oder gar wegsperren. Dabei hilft uns zum Beispiel die Hypnose. Gerade die blinden Flecken zeigen uns, mit welchen Themen wir uns noch beschäftigen sollten.

Ich habe den Eindruck, dass die Gesellschaft in den letzten Jahren sensibler geworden ist. Nur so kann ich mir die zunehmende Pikiertheit erklären. Und von den Gelassenen unter uns halten nur wenige einen Shitstorm aus. Viele geben nach und passen sich an. So auch im aktuellen Fall: Der Song „Layla” soll für den Fernsehgarten umgeschrieben werden.

Ist das Layla-Verbot rechtlich gerechtfertigt?

Schauen wir uns mal die rechtliche Seite an. Bundesjustizminister Marco Buschmann äußerte: „Man muss Schlagertexte nicht mögen. Man kann sie sogar doof oder geschmacklos finden, sie aber behördlich zu verbieten, finde ich, ist eins zu viel“. Das schrieb der FDP-Politiker auf Twitter. Fakt ist: Das Verbot entzieht sich jeder Rechtsgrundlage. Es steht nur jedem Veranstalter frei, welche Lieder gespielt werden. Und da die Stadt Würzburg Veranstalter des Volksfestes ist, konnte das städtische Verbot ausgesprochen werden.

Grundsätzlich gilt aber: Ob man den Ballermann-Hit mag oder nicht, „Layla” ist vom Grundrecht der Kunstfreiheit gedeckt. Das Lied handelt von Prostitution: Das ist in Deutschland eine legale und anerkannte Dienstleistung. Wäre es anders, müssten wir zum Beispiel „Skandal im Sperrbezirk” von der Spider Murphy Gang und zahlreiche Hip-Hop-Songs gleichzeitig verbieten. Natürlich gibt es auch hierzulande bei aller Kunstfreiheit rote Linien, zu denen beispielsweise gewaltverherrlichende und nationalsozialistische Lieder gehören, die auf dem Index stehen und grundsätzlich verboten sind.

Im Falle von „Layla” erkenne ich als Frau keinen Sexismus. In der aktuellen Verbotskultur verschieben sich die Grenzen zunehmend: Immer mehr Kulturgüter, Handlungen, Redewendungen und Wörter werden als sexistisch bezeichnet. Aber das ist eine gefährliche Entwicklung. Denn: Wenn alles sexistisch ist, ist nichts mehr sexistisch. Der Begriff verwässert und hat keine gesellschaftliche Bedeutung mehr. Echter Sexismus wird verharmlost.

Vertreter des symbolischen Interaktionismus betonen, dass die Bedeutung von Wörtern nicht feststeht, sondern in der Gesellschaft ständig ausgehandelt wird. Es gibt also streng genommen keine Instanz „von oben“, die Definitionen festlegt. Hinzu kommt: Ob ich mich diskriminiert fühle oder nicht, möchte ich bitte selbst bestimmen!

Der Streisand-Effekt führte zum Erfolg

Der Erfolg von „Layla” ist sicherlich auf den so genannten Streisand-Effekt zurückzuführen. Im Jahr 2003 verklagte Barbra Streisand einen Fotografen, weil ihr Haus auf einer veröffentlichten Luftaufnahme zu sehen war. Bis dahin wusste niemand davon. Erst durch die Klage verbreitete sich das bis dahin unbekannte Foto im Netz.

Im Fall von „Layla” wurde die mediale Aufmerksamkeit durch das Verbot auf dem Würzburger Volksfest und die anschließende kontroverse Diskussion gelenkt. Eine bessere Werbekampagne hätte es für die Produzenten und alle Beteiligten kaum geben können. Nach neuesten Informationen starten sie nun auch international durch: Eine englische und eine niederländische Version stehen bereits in den Startlöchern, außerdem gibt es eine Anfrage aus Polen.

Sagen wir es so: Die Geschmäcker sind verschieden. Und niemand muss sich „Lalya” anhören, wenn er nicht will. Fest steht aber: Ballermann-Hits sind per se ordinär, anstößig und platt. Sonst könnte das Publikum mit einem hohen Promillegrad nicht mitgrölen. Als Vertreterin des Hedonismus sage ich deshalb: Lasst ihnen ihren Spaß! Und wie die Kabarettistin Monika Gruber bin ich beruhigt, dass wir im Moment keine anderen Probleme haben.

Quellen

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