Hypergamie, oder: Warum die Dating-Welt für Männer frustrierend ist

hypergamie

Für viele Menschen ist es nicht einfach, eine Beziehung zu finden. Vor allem durchschnittliche Männer leiden darunter, dass sie beim Online-Dating im Vergleich zum weiblichen Geschlecht verhältnismäßig wenig Likes und Matches erhalten. Woran liegt das? Vielleicht an der sogenannten „Hypergamie” und den damit verbundenen unrealistischen Erwartungen, die Frauen an Männer stellen?

Hypergamie als Grund für weniger Erfolg beim Daten?

Indirekt wohl schon. Verschiedene Analysen zeigen, dass 80 Prozent der durchschnittlichen Männer um 22 Prozent der Frauen auf Tinder kämpfen. Die restlichen Frauen, also insgesamt 78 Prozent, interessieren sich nur für die 20 Prozent der „attraktivsten Männer”. Das bedeutet: Ein durchschnittlicher Mann muss 115 Frauen liken, um ein Like zu bekommen. Attraktive Männer haben eine sechsmal höhere Wahrscheinlichkeit, geliked zu werden.

Um das ganze etwas greifbarer zu machen: Wenn wir die Menschen nach ihrer Attraktivität (Aussehen, Status, soziales Netzwerk, …) auf einer Skala von 1 bis 10 einordnen, wählen durchschnittliche Frauen, die eine 5 oder 6 sind, mindestens eine 7. Das Phänomen nennt man auch Hypergamie, also „nach oben Daten”.

Das bedeutet, dass Frauen beispielsweise einen höheren Status oder ein höheres Einkommen bevorzugen. Männer hingegen daten auf einer Ebene oder auch nach unten. Natürlich lässt sich das nicht pauschalisieren. Es gibt auch Frauen, die nach unten und Männer, die bewusst nach oben Daten. Wir sprechen hier von Tendenzen.

Hypergamie ist eigentlich nicht mehr Zeitgemäß

Hypergamie war früher, als Frauen noch finanziell abhängig waren, mehr oder weniger notwendig und evolutionär bedingt. Frauen suchten einen Versorger für ihre Nachkommen, der das Überleben der Familie sichert. Obwohl viele Frauen im Jahre 2023 in Deutschland finanziell unabhängig sind oder sein könnten, ist Hypergamie ist nach wie vor verbreitet. Ein bekanntes Beispiel ist der „Tinder-Schwindler”, der explizit auf die Hypergamie von Frauen setzte und damit Erfolg hatte. Dabei muss Hypergamie nicht zwangsläufig bedeuten, dass Frauen sich tendenziell einen Mann suchen, der einen höheren Status hat. Es reicht schon aus, dass der Mann größer oder älter ist als die Frau.

Doch was bedeutet das für uns selbst und unsere Gesellschaft? 

Natürlich führt diese soziale Dynamik im Umkehrschluss dazu, dass es ebenso Frauen schwierig auf dem Dating-Markt haben. Das gilt vor allem für gebildete und erfolgreiche Frauen. Und daher hat sich die Problematik in den letzten Jahrzehnten nochmals verschärft, weil junge Frauen in Deutschland mittlerweile weit besser ausgebildet sind als noch vor zwanzig Jahren und zudem besser als die Männer. 27 Prozent der Frauen zwischen 25 und 34 Jahren haben einen Abschluss an einer Universität, einer Fachschule oder einen Meisterbrief. Das sind zwei Prozent mehr als bei den Männern.

Obwohl es alle Geschlechter beim Dating schwer haben, können eigentlich nur die Frauen die Chancen auf einen Partner erhöhen, indem sie ihre Ansprüche etwas nach unten schrauben. Diese Entwicklung hat sich wohl auch schon in den letzten Jahren gezeigt. Soziologe Hans-Peter Blossfeld sagt dazu:

„Die Homogamie, dass Menschen mit gleichem Bildungsabschluss sich finden und heiraten, ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen”.

Braucht es nicht mehr als nur Bildung und Status?

Meiner Ansicht nach braucht es mehr als nur die „richtige” Bildung und einen angemessenen Status, um sich zu verlieben und gar eine funktionierende Beziehung zu führen. Nur weil jemand einen Menschen trifft, der einen ähnlichen Bildungsabschluss hat, muss sich derjenige oder diejenige nicht zwangsläufig verlieben. Oft sind es auch die Gegensätze, die eine Beziehung spannend machen.

Doch gerade beim Online-Dating läuft die Auswahl sehr rational ab. Hier entscheiden oft nur die harten Fakten, ob der Mensch ein Match bekommt oder nicht. Ob die Chemie stimmt und man sich vielleicht sogar verlieben könnte, das weiß man erst beim persönlichen Kontakt. Daher appelliere ich jetzt – auch gerade an die Frauen – sortiert nicht zu früh aus! Und nehmt das Dating-Game ganz entspannt: Euer Match muss nicht die große Liebe sein, sondern kann auch nur ein Puzzleteil sein, das sich später fügt. Vielleicht entwickelt sich aus dem Match eine gute Freundschaft, und durch ihn lernt man die große Liebe kennen? Wie sagt man so schön? Das Leben wird vorwärts gelebt, aber rückwärts verstanden.

Quellen

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